Wir ecken total an mit unserem 4 jährigen Sohn

Hallo zusammen
Wir haben bald 4 jährige Zwillinge und haben grosse Probleme mit unserem Sohn.
Er hört nicht zu, er folgt nicht. Wenn man sagt, schmeiss das Brot nicht runter, dann schmeisst er das 2. Brot absichtlich runter usw. Aber das grösste Problem ist, dass er keine Gelegenheit auslässt, seine Zwillingsschwester weh zu machen. Momentan ist schubsen/stossen seine Lieblingsbeschäftigung. Sie hat wöchentlich 1-2 Bisswunden von ihm und wenn sie zusammen auf der Couch liegen oder im Bett, tritt er sie immer ins Gesicht mit seinen Füssen.
Es ist einfach der blanke Horror.
Wenn er morgens wach ist und ich noch im Bett bleiben möchte, sucht er auch immer eine (schmerzhafte) Möglichkeit, damit ich doch aufstehe, z.b. an meinen Haaren ziehen, stossen usw.
Mein Mann meint oft, er hätte keine Lust mehr sich mit ihm abzugeben bei diesem Verhalten.
Wenn ich mit ihm schimpfe, fängt er an zu weinen und begibt sich in die Opferrolle. Wenn man nicht darauf eingeht, bekommt er einen mordio Tobsuchtsanfall in dem er alleine nicht mehr herauskommt.

Was machen wir falsch?
Vielen Dank für eure Antworten.

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Liebe Lomalisa,

ich kann dir leider nicht wirklich helfen, möchte dir aber gern sagen, dass ich kurz gedacht habe, du redest von meinem Sohn. ;) nur dass unser Löwe erst 3 Jahre alt ist. Seine große Schwester ist 5. Es ist anstrengend und wir stoßen sehr, sehr oft an unsere Grenzen. Ich weiß garnicht, wie oft ich am Abend schon weinend neben ihm im Bett gelegen bin und mich gefragt habe, was ich bei ihm falsch gemacht habe. Und es tut weh, wenn man rundherum - sei es von der Krippe, Familie oder Freunden - mitbekommt, wie "anstrengend" er, im Vergleich zu seiner Schwester, empfunden wird. Oder wenn andere Kinder nicht mit ihm spielen möchten. Weil es einfach unfair ist, dass aufgrund der negativen Verhaltensweisen übersehen wird, wie klug, geschickt und empathisch er eigentlich ist und auch sein kann.

Wenn ich wieder mal nicht weiter weiß, versuche ich einfach, mir seine ganzen positiven Eigenschaften in Erinnerung zu rufen. Er ist motorisch total gut drauf. Er läuft wie ein Wirbelwind, spielt so ausdauernd allein und ist wahnsinnig klug. Und er braucht so viel Liebe, Zuneigung und Kuscheleinheiten. In der Gruppe eckt er an und wirkt "unrund". Hat man ihn allein, ist er das liebste Kind.

Eine befreundete Elementarpädagogin meinte mal zu mir, dass sie das Gefühl hat, dass unser Löwe in der Krippe unterfordert ist. Er passt sich im Alltag an, solang, bis das Fass überläuft. Und dann eckt er an. Macht den anderen Kindern die Sachen kaputt, ärgert sie oder haut. Und genau diesen Zeitpunkt gilt es, abzupassen. Da braucht er nämlich dann einen ruhigen Raum mit seiner Bezugsperson. In der Krippe sind die Ressourcen, ihn entsprechend zu fordern und zu fördern, leider kaum da. Ich kenne mittlerweile seine Signale ganz gut, kann das aber natürlich zuhause auch nicht immer abpassen. Könnte das bei euch vielleicht auch so sein?

Kurzum: Ich habe nicht wirklich Rat. Aber ich fühle mit euch. Ihr macht nichts falsch. Und es wird irgendwann - hoffentlich - besser.

Alles Liebe!

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Zeigt/sagt dein Mann ihm, dass er keine Lust hat sich mit ihm abzugeben? Schimpfst du viel mit ihm? Es liest sich alles sehr negativ, aber euer Verhalten. Er ist doch erst 4.
Ich lese gerade das Buch von Nora Imlau "Meine Grenze ist dein Halt", das könnte auch was für euch sein. Alles Gute!

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Vielen Dank für den Buchtipp. Es klingt sehr spannend und lehrreich.
Und ja, wenn er seine Schwester ständig verletzt und sie ärgert dann schimpfe ich. Ich weiss leider nicht wie ich sonst mit ihm reden soll, da ein normales "nein, wir machen niemandem weh" funktioniert einfach nicht bei ihm...

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Das klingt echt schlimm. Habt ihr schon professionelle Hilfe in Anspruch genommen? Erziehungsberatungsstelle, Therapie oder irgendwas in die Richtung? Wenn ja, was wurde euch dort geraten?
Meiner Meinung nach ist das keine Situation, die ihr als Familie alleine lösen könnt. Und eine Veränderung ist ja wirklich dringend nötig - einerseits zum Schutz der Schwester, aber andererseits auch, weil es dem Sohn auch gar nicht gut zu gehen scheint.

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Nein noch nicht. Aber werde unsere Kinderärztin um Rat bitten.

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Habt ihr schonmal mit dem Kinderarzt darüber gesprochen? Ich kenne mich da null aus aber können das vielleicht Anzeichen von ADHS sein? Vielleicht braucht er da einfach nur etwas Förderung?
Kennt sich bei euch in der Kita dazu wer aus oder gibt es bei euch eine Frühförderung oder ein SPZ bei dem ihr etwas Diagnostik machen könnt?

Haben eure Kinder exklusive Einzelzeit mit euch Eltern? Vielleicht braucht er auch einfach mehr positive Aufmerksamkeit, gerade als Zwilling fühlt er sich vielleicht übersehen.

Nur so Denkanstöße, die mir beim Lesen einfallen, ohne dass ich mich besser auskenne.

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Das klingt nicht in erster Linie nach ADHS, sondern nach einem Kind, das bewusst Dinge macht, die es nicht darf, um Aufmerksamkeit zu kriegen oder Grenzen zu testen.

Und wenn der Junge merkt, dass Papa sich nun nicht mehr mit ihm "abgeben " möchte (welch schreckliche Aussage), wird es noch schlimmer.
Ich würde nun nicht die Kinderärztin ("Mein Kind ist krank") ansprechen, sondern eine Erziehungsberatung. Bei den Einstellungen und der Situation, dass der Junge ein Zwilling ist, würde ich erstmal darauf tippen, dass sein Verhalten ein Schrei nach Aufmerksamkeit ist.

Geht der Junge in die Betreuung, sprich Kindergarten oder Kita? Wie klappt es denn da?

Bearbeitet von schokofrosch
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Ich denke nicht, dass er merkt, dass der Papa total ausgelaugt ist. Er hat mir das unter 4 Augen gesagt als die Kinder im Bett waren.
Er ist sehr kuschelbedürftig, aber kann nicht lange ruhig liegen bleibe, weil ich z.b. nichts schöneres finde, als mit den beiden zu kuscheln.
Ich denke schon, dass er ständig unsere Aufmerksamkeit sucht.
Viele Symptome die ADHSler haben, finde ich in meinem Sohn wieder.

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Ich habe keine Zwillinge aber die kleine Schwester ist nur ein Jahr jünger. Die beiden schaukeln sich auch hoch, wobei das schwierige Verhalten immer vom Großen (übernächsten Monat 4) ausging.

Bei uns haben noch engere Regeln und sofortige Konsequenzen geholfen. Also wirklich immer und sofort streng sein und den Rahmen markieren. Es wurde getreten? Beine festhalten, streng erklären und so lange warten, bis sich die Situation beruhigt hat. Es wurde an den Haaren gezogen? Unmut vehement bekunden, Haare lösen/Hand festhalten und dann bitte nicht den Gefallen erfüllen.

Es ist anstrengend, es dürfen keine Ausnahmen gemacht werden, es geht darum einen wirklich engen Rahmen zu stecken, der IMMER gilt. Unser Kind braucht diese Sicherheit. Unser zweites ist viel toleranter und verzeiht Inkonsequenz. Unser großer ist hochsensibel und dreht bei Unklarheiten durchaus frei.

edit: In der Kita ist das Verhalten weniger schlimm. Da werden keine anderen Kinder angegriffen oder so, aber eine Menge Unfug gemacht, wenn man ihn lässt. Seitdem die Erzieher weniger Ausnahmen machen, geht es ganz gut. Ich weiß nicht, ob ich es oben geschrieben habe, aber ich gehe inzwischen hart davon aus, dass unser Sohn hochsensibel ist und, genau wie bei euch, das Fass irgendwann voll ist. Daran lässt sich halt nichts ändern und man muss die Macken in gewissem Umfang einfach begleiten. Dass dabei andere Menschen zu Schaden kommen, ist aber nicht zu akzeptieren.
Es ist gleichzeitige Über- und Unterforderung. Unterforderung im Sinne davon, dass er in einigen Bereichen deutlich mehr Verantwortung übernehmen kann und auch kognitiv mehr gefordert werden muss, während er aber mit „normalen Alltagssituationen“ teils überfordert ist bzw. jedes Schlupfloch sucht (und findet).

Bearbeitet von RosarotesSchweinchen
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Lies das Buch "das Buch, von dem du dir wünschst, deine Eltern hätten es gelesen". Dann wirst du bestimmt erkennen was ihr falsch macht.

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Puh…. Das klingt sehr von „oben herab“ und hätte man sicher schöner formulieren können.

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🤷‍♀️

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Das klingt wirklich sehr anstrengend und Ähnliches kenne ich auch von meiner großen Tochter 😅

Ich beschäftige mich viel mit gefühlsstarken Kindern und erkenne sie in vielen wieder und daher kann ich inzwischen etwas anders (und gelassener) reagieren. Auch über bedürfnisorientierte Erziehung und gewaltfreie Kommunikation hab ich viel gelesen/Vorträge angehört. In meinen Augen liegt da der Schlüssel, auch wenn ich es bei weitem nicht zu 100% umsetze oder alles komplett unterschreibe.

Woran ich aber fest glaube: diese Kinder, wie eben auch dein Sohn, machen das nicht aus bösem Willen oder um euch zu ärgern, sondern weil sie nicht anders können. Irgendwo drückt der Schuh und solange ihr quasi nicht rausfindet, wo, äußert sich sein unerfülltes Bedürfnis in unerwünschtem Verhalten.

Und vielleicht helfen Kleinigkeiten: Kinder überhören gerne das „nicht“. Also statt zu sagen „wirf das Brot nicht auf den Boden!“ sag „das Brot bleibt auf dem Tisch!“. Wenn’s doch fliegt - warum ärgert es dich? Dann hebt dein Sohn es eben auf und isst oder lässt es (also das Essen).

Kriegt er genug Aufmerksamkeit? Alleine? Hat er auch schöne Zeiten mit euch? Oder spürt er die Ablehnung und kämpft umso mehr um Aufmerksamkeit? Wird er oft mit seiner Schwester verglichen?

Ich hoffe, ihr findet ne Lösung. Vielleicht auch mit professioneller Hilfe :)

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Solche Aussagen „Warum ärgert es dich?“ finde ich immer höchst interessant und amüsant.

Ja, warum ärgert es mich, wenn mein Kind extra ein Käsebrot auf den Boden wirft? Vielleicht weil ich keine Lust auf absolut sinnlose und vermeidbare Arbeit habe? Den Boden sauber zumachen?

„Dann hebt dein Sohn das Brot eben wieder auf …“ ich denke, wir können uns recht sicher sein, dass er das Brot eben NICHT aufheben wird, wenn er dazu aufgefordert wird. Genauso wenig, wie er vorher nicht gehört hat und das Brot trotzdem runtergeworfen hat.

Solche Fragen sind in der Theorie (auf Vorträgen oder in Büchern) ja immer ganz nett, aber leider total am realen Leben vorbei.

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Finde ich nicht.

Entweder man kann seinem Kind klar kommunizieren, warum es einen stört („Ich habe keine Lust, zu putzen!“) oder man stellt (wie ich z.B.) fest, dass man sich ärgert, weil man denkt, es müsste einen halt ärgern. Ich muss nach der Mahlzeit eh saugen und kurz unterm Tisch wischen, egal ob ein Brot geflogen ist oder nicht.

Mir entlockst du inzwischen damit also ein Schulterzucken und siehe da, Brot werfen ist bei uns höchst langweilig geworden. Macht Motte eigentlich seit 2 Jahren gar nicht mehr. Dafür hat sie neue „Spiele“ - bei manchen ärgert es mich und ich benenne, WARUM es mich ärgert oder ich denke eben noch mal drüber nach und lasse sie halt gewähren, weils eigentlich egal ist.

Aber es ist eben auch nur meine Erfahrung. Und für mich ist es eben ein guter Tipp, den ich inzwischen in vielen Bereichen anwende - wenn ich merke, irgendwas macht mich sauer (ne Aussage einer Freundin, ne Aktion vom Partner oder Ähnliches) - überlegen, WARUM es mich sauer macht (war’s jetzt eigentlich wirklich so schlimm? Was genau hat mich verletzt?) und dann kann ich das viel besser formulieren.

Dieser Rat muss selbstverständlich nicht jedem helfen. 😊

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Was ihr falsch macht, kann man nach so wenigen Infos nicht sagen, aber eins kann ich dir versichern: Kinder benehmen sich nicht ohne Grund schlecht! Es ist so gut wie immer ein Zeichen, dass es irgendwo "drückt", dass sie unerfüllte Bedürfnisse haben. Nach mehr Aufmerksamkeit, vielleicht, nach mehr Wertschätzung (ist die Schwester eher brav?), nach Förderung etc.
Ich würde an deiner Stelle sehr gut beobachten, in welchem Kontext dieses Benehmen vorkommt und ihm auch klare Grenzen setzen (was nicht das gleiche ist wie schimpfen). Hast du ihn mal gefragt, warum er seine Schwester schubst? Anstatt immer nur "bitte, hör auf" zu sagen. Grenzen und Empathie und, vor allem, die Ursachen suchen (und die Auslöser).

Eine Erziehungsberatung kann helfen, wenn ihr an die richtige Person kommt.

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Hallo!

Kann es vielleicht sein, dass euer Sohn das Gefühl hat, dass die Schwester mehr geliebt wird und er deswegen so reagiert? Nehmt ihr ihn in den Arm und sagt ihm zwischendurch ganz bewusst mal, wie lieb ihr ihn habt und dass ihr zusammen alle Probleme lösen könnt und gemeinsam alles schafft? Oder so in der Art?. Vielleicht ist er einfach verzweifelt und kommt da nicht mehr raus. Das ist ja dann eine Abwärtsspirale, die immer von vorn losgeht. Ich glaube nicht, dass er das alles bösartig extra macht. Mir hat immer der Satz geholfen: Kinder machen das nicht gegen die Eltern, sondern für sich! Ich kann euch die Literatur von Dr Herbert Renz-Polster sehr ans Herz legen.

Alles Gute 🍀